Scharnier zwischen Rechtspopulisten und Rechtsextremen Schweiz: Die Identitären

Politik

Auch wenn in der Schweiz die SVP viele Programmpunkte der radikalen Rechten auf parlamentarische Weise abdeckt, so gibt es sie doch: die neofaschistischen Randgruppen und Splitterparteien.

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Logo der Identitären Bewegung mit Lambda und Text. Foto: kaufdink (CC BY 4.0 cropped)

19. Oktober 2016
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Die Identitäre Bewegung ist eine Strömung innerhalb der Neuen Rechten. In den 60er Jahren entstanden, hat die Neue Rechte die Absicht, rechten Ideologien einen neuen Anstrich zu geben, um sie so gesellschaftsfähiger zu machen. So distanzieren sich neurechte Gruppierungen vom Nationalsozialismus, später auch von den alten Rassentheorien.

Auch die Identitäre Bewegung steht in dieser Tradition. Durch viele popkulturelle Bezüge, trendig-jugendlichem Internetauftritt und von der Linken abgekupferte Aktionsformen wie Besetzungen, Blockaden und Strassentheater, versucht die Identitäre Bewegung ihre Inhalte ansprechend zu vermitteln, und ein breites, junges Publikum zu erreichen.

Ihr Motto lautet „0% rassistisch, 100% identitär“. Der Begriff der „Rasse“, seit längerem aus der Mode gekommen, wurde bei ihnen abgelöst durch einen absurden Kulturbegriff. Die spezielle kulturelle und ethnische Substanz sei es, welche die „Europäische Identität“ ausmache. Das „Europa der Völker“ gilt es gegen die Bedrohung von aussen zu verteidigen. Denn die Welt ist in ihren Augen nicht aufgeteilt in soziale Klassen, sondern in homogene Völker und Kulturen, die grundsätzlich andersartig und deshalb unvereinbar seien. Diese kulturelle Vielfalt lasse sich nur erhalten, durch eine strenge Trennung der Kulturen, beispielsweise durch Grenzschliessung und „Re-migration“, was so viel heisst wie Rückschaffung all derer, die „nicht von hier“ sind. In diesen Forderungen zeigt sich auch das hässliche Gesicht der Identitären. Denn hinter dem Begriff „Re-migration“ steht nichts anderes als die Absicht, massenhaft Menschen zu deportieren und Gesellschaften ethnisch zu säubern.

Auch wenn die Identitären behaupten, sie würden die Kulturen nicht werten, da diese einander gleichgestellt seien, entsteht diese Wertung durch die blosse Einteilung von Menschen in solche Gruppen von selbst, da sich diese immer in bestehenden Machtkonstellationen befinden.

Auch die Kritik an der Globalisierung verdrehen sie zu einer Kritik gegen die „Vereinheitlichung der Völker“, zur Auflösung der völkischen Identität. Am Kapitalismus wird dann auch nicht die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen kritisiert, sondern der angebliche Wertezerfall, der mit dem Liberalismus einhergehe.

Die Identitären mögen sich auf ideologischer Ebene noch so stark vom Faschismus und der alten Rechten abgrenzen, ein Blick auf ihre Geschichte und ihre Verstrickung mit anderen Teilen der Rechtsradikalen zeigt auf, um was es bei diesen neurechten ideologischen Verrenkungen geht: Ein oberflächliches make-over derselben rassistischen und völkischen Ideologie, die wir nur zu gut kennen.

Dies wird mehr als deutlich, wenn man sich die Geschichte der Organisationen, aus deren Umfeld die Identitäre Bewegung hervorgegangen ist, anschaut. Die „Génération Identitaire“ wurde 2012 in Frankreich gegründet. Sie ging aus der „Jeunesse Identitaire“ hervor, der Jugendorganisation des „Bloc Identitaire“. Dieser „Bloc identitaire“ wiederum wurde 2003 von ehemaligen Führungsmitgliedern der offen neofaschistischen Organisation „Unité Radical“ gegründet. Diese Gruppierung war 2002 unter anderem verboten worden, weil eines ihrer Mitglieder ein gescheitertes Mordattentat auf den damaligen französischen Präsident Jaques Chirac verübt hatte.

Die Verwicklungen mit der (neo)faschistischen Rechten beschränken sich aber nicht auf die französischen Vorgängerorganisationen. Im Gegenteil, trotz der (mal mehr mal weniger) dezidierten Abgrenzung gegenüber der Neonaziszene bestehen sowohl in Frankreich als auch im deutschsprachigen Raum vielfältige Kontakte zwischen Neonazis und den Identitären. So gehörten einige der wichtigsten Kader der Identitären Bewegung in Österreich (z.B. Martin Selnner) zum Alpen-Donau Kreis, welcher die inzwischen verbotene Neonazi-Website alpen-donau.info, das wichtigste Sprachrohr der österreichischen Neonaziszene, betrieb. Personelle Überschneidungen und Nähe zur Neonaziszene lassen sich aber auch bei vielen Ablegern der Identitären in Deutschland oder der Schweiz feststellen (so war etwa der ex-PNOS und jetziger PEGIDA Schweiz Aktivist Ignaz Bearth beim identitären Treffen in Olten diesen Januar anwesend).

In Deutschland werden die Identitären sogar offen von Neonazis als „alternative Aktionsform“ bezeichnet, welche eine niederschwellige Verbreitung völkischer Politik und Ideologie ermöglichen. Dies lässt sich an folgendem Zitat des früheren Vorstands der JN, der Jugendorganisation der NPD illustrieren: „Ob nun als eigenständige, starke Bewegung im grossen vorpolitischen Raum, als Türöffner zu neuen Jugendbereichen oder als Durchlauferhitzer für die sich modernisierenden nationalistischen Gruppen. […] Die Identitären sind […] eine Aktionsform, die man nutzen kann, wenn JN- oder NPD-Fahnen nicht passend sind […].“

Doch die Identitären verstehen sich nicht nur mit Neonazis bestens, sie pflegen vielerorts enge Beziehungen zu allen möglichen Strömungen der radikalen Rechten. Innerhalb der europäischen Rechten nimmt die Identitäre Bewegung also potentiell eine Funktion als Schnittstelle und Verbindungspunkt zwischen verschiedenen Strömungen der radikalen Rechten ein. Diese potentielle Scharnierfunktion lässt sich am besten anhand der „Identitären Bewegung Österreich“ veranschaulichen. Dort bestehen personelle Überschneidungen und enge Kontakte sowohl zu der Konservativen Rechten (z.B. Burschenschaften), den Rechtspopulisten (FPÖ, PEGIDA), den Neurechten Intellektuellen (Institut für Staatspolitik) als auch zu der Neonaziszene (z.B. Alpen-Donau Ring).

Während die Identitäre Bewegung in der Schweiz nicht annähernd so gross oder so gut organisiert ist wie etwa in Österreich, zeichnet sich doch ab, dass sie auch in der Schweiz als Scharnier zwischen den Rechtspopulisten der SVP, anderer Rechtsextremer Gruppierungen wie z.B PEGIDA Schweiz und der Neonaziszene fungieren könnte. So waren am identitären Treffen in Olten nicht nur Ignaz Bearth von PEGIDA Schweiz (und ex-PNOS) anwesend, sondern auch ein Vertreter der SVP. Auch für das identitäre Treffen in der Innerschweiz vom 14. Mai haben sich auf Facebook verschiedene Exponenten der Neonaziszene angemeldet.

Man darf sich von den Schlagworten der Identitären nicht täuschen lassen. Denn was sie tun ist kalten Kaffee neu aufwärmen, um ihn dann in hippe Macciato-Gläser zu füllen.

Entlarven wir ihre rassistische Ideologie. Bekämpfen wir ihre völkische Aufteilung der Welt!

BFS Jugend Zürich